
Tagesmütter in der Gemeinde Wendeburg
Die Kinder der Gemeindemitglieder gut und umfassend zu betreuen ist eine Aufgabe, die von der Gemeindeverwaltung sehr ernst genommen wird. Durch die Erfüllung des rechtlichen Anspruchs auf einen Kindergartenplatz, einen Krippenplatz aber auch durch die Einrichtung des Horts am Grundschulstandort Wendeburg, die Einrichtung von Randbetreuungen in Bortfeld und Meerdorf und die teilweise geänderten, längeren Öffnungszeiten der Betreuungseinrichtungen trägt die Gemeinde maßgeblich dazu bei, Familien die größtmögliche Erleichterung und Flexibilität bei der Betreuung ihrer Kinder und damit der Ausübung ihrer beruflichen Aufgaben zu bieten. Doch nicht immer finden Familien die passenden Betreuungsangebote für ihre individuelle Familiensituation. Gerade bei Schichtdiensten, frühen Arbeitsanfangszeiten oder bei Wünschen nach einer längeren Betreuungszeit ist es für die Gemeinde personell nicht immer umsetzbar, allen Wünschen gerecht zu werden.
Doch mit den Krippen, Kindergärten, Schulrandbetreuungen und Hortplätzen endet die Möglichkeit der Betreuung von Kindern im Kleinkind- und Grundschulalter nicht. In der Gemeinde Wendeburg leben Tagesmütter, die gerade bei individuellen Bedürfnissen einer Familie, aber auch bei Kindern, die sich in größeren Gruppen nicht wohl fühlen, eine tolle Alternative bieten. Leider dürfen diese Tagesmütter nicht über die Gemeinde vermittelt werden. Der Landkreis Peine hat diese Aufgabe mit seinem Familienservice Büro übernommen. Aus diesem Grund sind der Gemeinde Wendeburg die genaue Anzahl und die Namen der hier lebenden und arbeitenden Tagesmütter nicht bekannt. Freundlicherweise hat das Familien- und Kinderservicebüro unsere Bitte um ein Interview mit den Tagesmüttern an diese weitergeleitet, und zwei von ihnen standen uns für ein Gespräch zur Verfügung.
Margarethe Hecht vom Spatzennest und Anja Rodermund von der Rappelkiste leben und arbeiten beide in Meerdorf. Sie betreuen seit mehreren Jahren Kinder analog zu den kommunalen Betreuungsangeboten.
Melanie Dettke: Wie muss man sich die Betreuung bei Euch vorstellen? Wie sieht ein Tag bei Euch aus?
Margarethe Hecht: Bei mir werden die ersten Kinder zwischen 7 Uhr und 8 Uhr gebracht. Um 8:15 frühstücken wir. Das Frühstück bereiten wir gemeinsam vor Ort zu. Im Anschluss wird der Tisch abgeräumt und die Zähne werden geputzt. Dann ist es auch schon Zeit für unseren Gutenmorgen Kreis. Hier bringen wir uns mit Liedern und Fingerspielen in Schwung und besprechen gemeinsam den weiteren Tagesablauf. Hier haben die Kinder die Möglichkeit, eigene Ideen und Vorschläge einzubringen. Bis 11 Uhr spielen, tanzen und toben wir. Wir basteln, kneten und unternehmen Spaziergänge, bevor wir dann gemeinsam das Mittagessen vorbereiten. Die kleineren Kinder legen sich danach zum Mittagsschlaf hin, während ich mit den größeren Kindern nun die Zeit habe, etwas dem Alter entsprechendes zu basteln, backen oder vorzulesen. Gegen 14:30 Uhr hat dann auch das letzte Tageskind ausgeschlafen und ich biete eine kleine Obstpause an, bevor wir (wenn das Wetter mitspielt) in unseren großen Garten gehen und dort spielen. Nach und nach werden die Tageskinder dann von ihren Eltern abgeholt. Oft findet dann noch ein kleiner Plausch mit den Eltern statt oder es gibt das ein oder andere zu klären.
Anja Rodermund: Gerade durch das gemeinsame Essen kann ich gut abschätzen, was und wieviel ein Kind gegessen hat und dies auch mit den Eltern besprechen, wenn es Grund zur Sorge gibt. Es kommt schon mal vor, dass wir bis spät in die Nacht Beratungs- und Anlaufstelle für die Eltern sind. Ansonsten läuft der Tag bei uns in der Rappelkiste ähnlich ab, wie von Meggi beschrieben.
Bekommt Ihr von den Eltern mal Bücher, Spielzeug oder Fahrzeuge, denen die eigenen Kinder bereits entwachsen sind, geschenkt?
A.R.: Das kommt leider nur sehr selten mal vor. Aber es hört ja bei den Anschaffungen für die Kinder nicht auf. Ich kaufe von meinem Geld auch Bastelmaterialien, mit denen die Kinder dann Geschenke zu Weihnachten oder Ostern für die Eltern basteln. Leider wird hier Vieles von manchen Eltern als selbstverständlich angesehen.
M.H.: Das stimmt. Die Anerkennung von außen fehlt oft. Es heißt auch oft: „Tagesmütter haben ein tolles Leben. Viel Zeit und immer Spielkameraden für die Kinder." Dabei wird oft übersehen, dass die eigenen Kinder nebenher laufen, die eigene Wohnung eher abgenutzt wird, wir im Anschluss an die Arbeit mit den Kindern unsere Stundenzettel machen müssen, Berichte sind zu schreiben, Vorbereitungen für den nächsten Tag stehen an und auch die Einkäufe müssen noch erledigt werden. Das machen wir alles in unserer „Freizeit", sprich, nachdem das letzte Kind abgeholt wurde.
A.R.: Dadurch ist bei mir manchmal erst um 22 Uhr Feierabend. Was auch oft übersehen wird: Wir springen im Notfall schnell mal ein, holen Kinder vom Kindergarten ab, wenn es die Eltern einmal nicht schaffen und bemühen uns so flexibel wie möglich auf die Elternwünsche einzugehen.
M.H.: Was auch Schade ist: wir haben viel weniger Fördermöglichkeiten, da wir alle Fördermaterialien auf eigene Kosten privat anschaffen. Wir bekommen hierfür keinerlei Zuschüsse.
Seid Ihr teurer, als z.B. ein Halbtagsplatz im Kindergarten?
M.H.: Das kann mal pauschal schlecht sagen. Grundsätzlich ist es so, dass die Eltern einen Anspruch auf 20 Stunden Betreuung für ein Kind unter 3 Jahren in der Woche haben, unabhängig davon, ob sie berufstätig sind oder nicht. Für diese Betreuungszeit wird auf Antrag vom Jugendamt (Familienservice-Büro) ein Zuschuss in Höhe von 4,- Euro / Stunde Betreuung gezahlt. Sind beide Elternteile berufstätig, wird dieser Zuschuss vom Familienservice-Büro auch für die tatsächlich benötigte Betreuungszeit gezahlt. Bei mir kommt dann noch eine geringe Pauschale für Essen, Bastelmaterial, Feuchttücher und Versicherung hinzu, so dass ich auf einen Stundensatz von 5,- Euro / Stunde Betreuung komme.
A.R.: Bei mir ist es genauso. Auch ich nehme einen Stundensatz von 5,- Euro / Stunde Betreuung (inklusive aller Materialien, Feuchttücher, Verpflegung, Versicherung, etc.). Wenn dann das Kind vom Familienservice-Büro bezuschusst wird, müssen die Eltern entsprechend nur einen Teil dieser Kosten tragen. Allerdings haben wir keine richtige Planungssicherheit. Bei uns zahlen die Eltern nur dann, wenn das Kind auch tatsächlich betreut wird. Ist das Kind im Urlaub oder länger krank, zahlen die Eltern grundsätzlich nicht. Das ist im Kindergarten oder in der Krippe ganz anders. Zusätzlich übernehmen wir oftmals auch den Papierkram für die Eltern, die sich damit unsicher sind.
M.H.: Grundsätzlich kann ich für mich schon sagen, dass ich manchmal Existenzängste habe. Es gibt ja zum Beispiel keine Vertretung, wenn ich einmal krank bin. Also darf ich nicht krank sein.
A.R.: Es kommt schon einmal vor, dass die Eltern bei mir in Raten bezahlen möchten oder sehr spät oder auch mal gar nicht bezahlen. Auch werden manchmal die Unterlagen nicht rechtzeitig beim Familienservice Büro eingereicht, dann bekomme ich von dort kein Geld. Ansonsten sind es eher Kleinigkeiten. Die Kinder werden manchmal zu spät abgeholt oder viel zu früh gebracht. Manche Eltern sehen es als selbstverständlich an, dass ich immer Zeit habe.
M.H.: Das stimmt. Von den Eltern wird oft vorausgesetzt, dass eine Bereitschaft zur Mehrarbeit grundsätzlich immer besteht. Ich musste schon einmal ein Kind mit zu meinem Musikunterricht nehmen, weil die Eltern zu spät kamen.
A.R.: Bei mir hatte eine Mutter ihr Kind „vergessen" abzuholen. Da kommt man sich dann schon als Angestellte der Eltern vor. Und auch kranke Kinder werden oft gebracht.
M.H.: Was soll man schon machen, wenn kranke Kinder gebracht werden? Natürlich sehen wir das nicht so gerne, aber sofern die Krankheit nicht ansteckend ist, betreuen wir sie auch. Kinder mit ansteckenden Krankheiten dürfen nicht zu uns kommen.
A.R.: Mit den Kindern an sich gibt es kaum Probleme. Die Kinder können ja selten etwas für ihr Verhalten oder ihre Situation. Ist ein Kind mal auffällig, wird das Verhalten beobachtet und mit den Eltern besprochen. Das kann dann schon eine Herausforderung sein, den Eltern solche Schwierigkeiten der Kinder zu vermitteln. Aber Zusammenarbeit mit den Eltern ist sehr wichtig gehört eben in unserem Beruf mit zu unseren Aufgaben.
M.H.: Ich sehe solche Schwierigkeiten ebenfalls als Herausforderung. Man muss nur unbedingt konsequent bleiben. Und wenn es mal gar nicht passt, dann muss man mit offenen Karten spielen und das Kind notfalls ablehnen. Es kann auch während einer bereits bestehenden Betreuungszeit passieren, dass man bemerkt, dass eine Tagesmutter (noch) nicht das Richtige für eben dieses Kind ist. Das sollte man dann schon mit den Eltern besprechen und reagieren.
Wie sieht die Auslastung mit Kindern derzeit aus?
A.R.: Ich bin bis zum Sommer voll ausgelastet.
M.H.: Derzeit betreue ich 3 Kinder, am Ende des Jahres sind aber alle Plätze belegt. Es lohnt sich jedoch, sich auf die Warteliste setzen zu lassen. Es kommt immer mal wieder vor, dass überraschend ein Platz frei wird.
Ihr arbeitet beide als Tagesmutter im gleichen Ort, aber beide allein. Seht Ihr Euch als Konkurrentinnen?
A.R.: Nein, auf keinen Fall. Die Kinder, die ich betreue, kommen ja auch nicht nur aus Meerdorf. Ich habe viele Kinder aus anderen Ortschaften bei mir.
M.H.: Ich sehe Anja auch nicht als Konkurrentin. Wir tauschen uns oft aus, manchmal spielen unsere Tageskinder auch miteinander.
A.R.: Oder wir unternehmen gemeinsam mit den Kindern etwas, wie einen Waldausflug oder einen Ausflug zum Markt nach Peine. Das ist mit zwei Erwachsenen als Aufsichtspersonen natürlich leichter.
Wie sieht es mit den Ferienzeiten aus? Gerade Schulkinder haben über 60 Tage Ferien, die nicht durch Feiertage gedeckt sind. So viel Urlaubsanspruch haben berufstätige Eltern gar nicht. Habt ihr in Ferienzeiten viele Anfragen zur Schulkindbetreuung?
M.H.: Es kommt schon vor, dass dann zum Beispiel die Geschwisterkinder auch zu mir kommen. Das Tollste ist für mich immer, wenn die Kinder nach ihrer Zeit bei mir immer noch gerne an die Zeit zurück denken oder nach dem Kindergarten noch gerne zu mir kommen.
A.R.: Wenn wir Kapazitäten frei haben, können wir natürlich auch in den Ferien Kinder aufnehmen, die sonst nicht bei uns sind. Tatsächlich sind es häufig Geschwisterkinder, die bereits vor einiger Zeit bei mir waren. Das ist immer sehr schön.
Wie kommen denn Eure eigenen Kinder damit zurecht, dass immer „fremde" Kinder bei Euch im Haus sind?
M.H.: Bei mir sind die Kinder in die Situation hereingewachsen. Es ist für sie völlig normal. Sie lieben die Tageskinder und akzeptieren, dass ihre eigenen Zimmer z.B. zur Mittagsschlafenszeit von den Tageskindern belegt sind.
A.R.: Wir sind ja auch für unsere eigenen Kinder immer da und ansprechbar. Meine Kinder akzeptieren die Tageskinder voll. Und wenn die Betreuung am Nachmittag mal länger andauert, ist das Tageskind schon als weiteres „Familienmitglied auf Zeit" integriert.
M.H.: Anders als bei anderen Kindern, ist bei uns dann eher die Nachmittagsverabredung. Entweder die Kinder kommen zu uns oder sie spielen im Dorf. Ansonsten mussten meine Kinder zu Spieleverabredungen bei uns abgeholt werden, als sie noch kleiner waren.
A.R.: Wichtig ist auch, dass unsere Männer „funktionieren". Ohne unsere Männer, die hinter uns stehen und uns unterstützen, würde es nur schwer klappen.
M.H.: Das stimmt. Und die eigenen Kinder müssen schnell sehr selbständig werden.
Wie müssen sich Eltern die Räumlichkeiten und das Umfeld bei Euch vorstellen, in dem die Kinder betreut werden?
A.R.: Ich habe eine eigene Wohnung für die Tagespflegekinder angemietet. Hier haben sie ihr eigenes Reich und einen Garten zum Spielen. Das macht es mir auch leichter, abends „Feierabend" zu haben. Ich gehe ja tatsächlich von meinem Arbeitsplatz nach Hause. Ansehen können die Eltern die Räumlichkeiten auf meiner Internetseite: http://rappelkiste-meerdorf.jimdo.com/.
M.H.: Bei mir werden die Kinder im eigenen Wohnhaus betreut. Sie nutzen also komplett alle Bereiche aus unserem Haus mit. Das schließt die Kinderzimmer meiner Söhne mit ein, obwohl die Tagespflegekinder seit Anfang 2014 ein eigenes Spielzimmer haben. Das entspannt die Familiensituation natürlich. In unserem großen Garten gibt es für die Kinder ausreichend Spielmöglichkeiten. Auch ich habe eine Internetseite, auf der sich interessierte Eltern ein Bild von mir und unseren Räumlichkeiten machen können: http://tagesmutter-meggi.de.tl/Home.htm. Da ich keine extra Wohnung, bzw. keinen extra Arbeitsbereich habe, fällt mir am Abend das Abschalten schon manchmal schwer.
Warum habt Ihr Euch für den Job als Tagesmutter entschieden und nicht die „Sicherheit" eines festen Arbeitsplatzes vorgezogen?
A.R.: Ich habe es versucht. Bei einem Bewerbungsgespräch wurde mir direkt ins Gesicht gesagt:" Mit 3 Kindern bist Du doch ständig krank...oder Deine Kinder." Da habe ich schon ein Stück weit resigniert. Der Vorschlag, als Tagesmutter zu arbeiten, kam dann von meinem Mann.
M.H. Ich bin gelernte Kinderkrankenschwester und der Schichtdienst mit 3 Kindern ist sehr schwierig. Ich habe nach Alternativen gesucht. Meine Ansprüche an die Kinderbetreuung deckten sich nicht mit den Angeboten von Krippe und Kindergarten. Ich wollte Dinge anders machen.
Was würdet Ihr Euch für die Zukunft, für Euren Beruf wünschen?
M.H.: Eine Akzeptanz in der Gesellschaft, dass Tagesmutter ein „echter" Beruf ist, eine größere Bekanntheit im Gemeindegebiet und eine finanzielle Absicherung bei Ausfällen.
A.R.: Ich wünsche mir, dass die Eltern verstehen, dass Tagesmütter nicht nur für Reiche da sind. Dieses Image haben wir ja leider noch immer.
M.H.: Im Prinzip zahlen die Eltern doch an uns nur, was sie an Leistungen auch abnehmen.
A.R.: In unseren Preisen sind z.B. auch die Kosten für das Frühstück und das Mittagessen enthalten. Im Kindergarten bringen die Kinder ihr eigenes Frühstück mit und für das Mittagessen fällt ein Extrabetrag an. Auch diese Kosten sollten die Eltern bei der Wahl ihrer Betreuungseinrichtung mit berücksichtigen.
Die Tagesmütter Frau Bünger, Frau Hecht und Frau Rodermund waren so freundlich, uns bei der Studie zu unterstützen. Frau Bünger, die unseren Fragebogen ausgefüllt hat, gibt ihre Tätigkeit jedoch leider in Kürze auf. Trotzdem bieten die Fragebögen einen interessanten Einblick, wie individuell die Kinder bei den unterschiedlichen Tagesmüttern betreut werden. Machen Sie sich selbst ein Bild.